Der Wilde Wald – warum eine öffentliche Anhörung jetzt dringend nötig ist

In Hamburg-Mitte, genauer gesagt im Nordwesten Wilhelmsburgs, liegt seit Jahrzehnten ein etwa 10 Hektar großer, naturnaher Wald – der sogenannte „Wilde Wald“. Nach der Sturmflut 1962 blieb diese Fläche unbebaut und entwickelte sich zu einer grünen Oase mit einer vielfältigen Flora und Fauna. Der Wald ist inzwischen zu einem wertvollen ökologischen Rückzugsort geworden, der wesentlich zur Kleinklimaregulierung und Lebensqualität im dicht besiedelten Bezirk beiträgt.

Warum wird über den Wilden Wald diskutiert?

Aktuell steht der Wald im Fokus der Debatte um das geplante „Spreehafenviertel“, ein neues Wohnquartier, das dringend benötigten Wohnraum für Hamburg schaffen soll. Für die Umsetzung dieses Projektes müsste allerdings der Wilde Wald größtenteils weichen. Hier entsteht ein Spannungsfeld zwischen der notwendigen Schaffung von Wohnraum und dem Schutz wertvoller Grünflächen.

Wo stehen wir aktuell?

Die Volt-Fraktion in Hamburg-Mitte hat eine öffentliche Anhörung initiiert (Drucksache 23-0805), um den offenen Austausch über das Vorhaben sicherzustellen. Ziel ist es, Transparenz zu schaffen, alle Perspektiven zu hören und gemeinsam mit den Bürger*innen eine sachliche Lösung zu finden. Gerade weil die öffentliche Diskussion des Bebauungsplans schon 2021 stattgefunden hat, ist es wichtig, die Öffentlichkeit vor einer Entscheidung über den Baustart erneut mit einzubeziehen und auf den neuesten Stand zu bringen.

Im zuständigen Stadtplanungsausschuss Süd haben SPD und Grüne die Entscheidung über diese Anhörung am 18. Juni vertagt. Bemerkenswert daran ist, dass sie sich als Koalition damit mit einfacher Mehrheit über die für eine Anhörung nötige Drittelmehrheit – hier aus der Opposition – hinweggesetzt haben. Diese Vertagung verzögert die nötige transparente Diskussion über die Zukunft des Wilden Waldes und sorgt für Unsicherheit darüber, wann der wichtige Informationsaustausch stattfinden kann. Derzeit besteht die Sorge, dass Fakten geschaffen werden könnten, bevor die Bürger*innen erneut informiert und mit einbezogen wurden.

Update: Inzwischen hat das Bezirksamt bestätigt, dass die Vertagung formal nicht zulässig war, da das demokratische Recht einer Drittelminderheit Anhörungen zu beschließen, durch die Vertagung von der Koalition übergangen wurde. Laut Geschäftsordnung (§15) hätte der Antrag unmittelbar zur Abstimmung gestellt werden müssen. Aufgrund der Sommerpause im Juli und August kommt es nun zu einer größeren Verzögerung der Behandlung. Wir fordern daher, Lösungen zu finden, den Antrag zeitnah erneut und korrekt zu behandeln.

Update 11. Juli 2025: Mittlerweile haben SPD und Grüne nun einen eigenen Antrag (Drucksache 23-0855) eingereicht. Dieser wurde jedoch nicht im eigentlich zuständigen Stadtplanungsausschuss, sondern im Hauptausschuss platziert. Der Hauptausschuss beschäftigt sich normalerweise mit organisatorischen Themen und kümmert sich nicht um  Stadtplanung. Zudem wird dieser Ausschuss von der SPD geleitet, während der Stadtplanungsausschuss von der Opposition geführt wird. Der neue Antrag von SPD und Grünen war zudem erst kurz vor der Sitzung einsehbar, was einen konstruktiven Umgang damit erschwert hat.

Wir kritisieren, dass der Antrag von SPD und Grünen unseren bereits vorliegenden Antrag übergeht, indem auf formale Details verwiesen wird, die zudem erst deutlich nach der Vertagung angebracht wurden. Auch wurde vorab keinerlei Kontakt mit uns gesucht, um etwaige formale Fragen oder Bedenken frühzeitig zu klären. Zwar trifft es zu, dass laut Geschäftsordnung (§15 Abs. 3) Personen für eine Anhörung erst nach deren Beschluss benannt werden sollten – aus unserer Sicht hätte dies nicht zwingend zu einer Verschiebung des Antrags führen müssen. Die demokratische Rolle und das Antragsrecht der Opposition sind wichtig und müssen respektiert werden. Daher hätte über unseren Antrag direkt abgestimmt werden müssen – unabhängig von formalen Kleinigkeiten.

Die Bedeutung einer öffentlichen Anhörung

Eine öffentliche Anhörung stellt sicher, dass Expertinnen aus verschiedenen Bereichen – von Stadtplanung über Umweltschutz bis hin zu sozialer Infrastruktur – umfassend informieren können. Ebenso wichtig ist, dass die Anwohnerinnen ihre Fragen stellen und Bedenken äußern können.

Initiativen wie der NABU, „Architects for Future“ und die lokale Initiative „Waldretter Wilhelmsburg“ (WaWi) haben mehrfach auf die Bedeutung des Wilden Waldes hingewiesen. Sie betonen den ökologischen Wert als CO2-Speicher, Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie als wichtige Naherholungsfläche.

Was fordert Volt?

Wir von Volt haben noch keine endgültige Position zum Umgang mit dem Wilden Wald eingenommen. Uns geht es darum, alle Informationen transparent und sachlich zu diskutieren. Wir fordern eine evidenzbasierte Anhörung, in der jede Stimme gehört wird.

Unser Appell an SPD und Grüne: Bitte blockiert nicht den demokratischen Prozess einer Anhörung. Ermöglicht eine faktenbasierte Diskussion, bevor endgültige Entscheidungen getroffen und Fakten geschaffen werden. Nur gemeinsam können wir eine ausgewogene und transparente Entscheidung für Wilhelmsburg erreichen.

Wie geht es weiter?

Update 11. Juli 2025

Unser Engagement hat erfolgreich Bewegung in die Diskussion gebracht – und zwar so deutlich, dass nun sogar SPD und Grüne eine öffentliche Anhörung beantragen. Diese Möglichkeit werden wir aktiv nutzen und eine starke, kritische Stimme in die Anhörung einbringen. Wir begrüßen diesen Schritt ausdrücklich, sind aber kritisch gegenüber der Verlegung in den aus unserer Sicht falschen Ausschuss sowie gegenüber der Tatsache, dass unser Antrag übergangen wurde, ohne vorab das Gespräch mit uns zu suchen. Sollte die Anhörung nicht den notwendigen Raum für eine echte und umfassende Diskussion bieten, werden wir konsequent dafür sorgen, dass unser ursprünglicher Antrag erneut im Stadtplanungsausschuss behandelt wird. Denn Transparenz und echter Austausch funktionieren nur, wenn alle Stimmen gehört werden.

Folgt uns auf Instagram @volthhmitte für aktuelle Updates und beteiligt euch an der Diskussion.

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